Die Ländlichen in Österreich - Die Anfänge der Ländlichen 

Begonnen hat die ländliche Reiterei bereits in den 30er-Jahren in Deutschland. Als die Motorisierung auch vor der Landwirtschaft nicht Halt machte und das Pferd als Arbeitstier allmählich zu verdrängen begann, war es der große Hippologe Gustav Rau, der den revolutionären Gedanken hatte, „den deutschen Bauern aufs deutsche Pferd zu setzen“ - und damit die ländliche Reiterei begründete. Die Bauern sollten ihre Pferde, die im Arbeitsbetrieb langsam überflüssig wurden, behalten, ausbilden und auf Pferdeschauen, bei Umzügen und Brauchveranstaltungen und schließlich auch bei Turnieren einsetzen. Diese Bewegung brachte eine große Zahl von Züchtersöhnen aufs Pferd und der Reitsport konnte sich in Deutschland über den elitären Kreis von Offizieren, Adel und reichen Bürgerlichen zum Volkssport entwickeln.

In Österreich dauerte es bis in die frühen 50er Jahre, bis man eine ähnliche Entwicklung in Gang setzen konnte und es war wohl nicht zufällig ein Schüler und Bekannter von Gustav Rau, der ihr wesentliche Impulse gab: Dr. Heinrich Lehrner, der 1952 Landstallmeister für das südliche Österreich wurde und 1957 die Leitung des Bundesgestüts Piber übernahm. Die Steiermark wurde zur Wiege der ländlichen Reiterei in Österreich.

Bereits 1949 war der erste ländliche Reitverein in Trofaiach entstanden und 1952 wurde der „Landesverein ländlicher Reiter und Fahrer Steiermark“ ins Leben gerufen, um den Reit- und Fahrsport zu fördern. Erst waren es so genannte Reiterspiele, zu denen sich die ländlichen Reiter zusammenfanden, in denen Festliches und sportlicher Wettbewerb am Programm standen. Bald griffen weitere Bundesländer wie Niederösterreich, Kärnten, Salzburg, Oberösterreich, Tirol und Burgenland diese Initiative auf und damit war die Basis bundesweit sportlich ausgerichteter Reiterfeste geschaffen.

Das Jahr 1957 kann als Meilenstein in der Geschichte des ländlichen Reit- und Fahrsports in Österrreich bezeichnet werden: In diesem Jahr fand die erste Bundesmeisterschaft der ländlichen Reiter in Gröbming/Stmk statt.
1958 kam es zur Gründung der „Arbeitsgemeinschaft der Ländlichen Reiter und Fahrer Österreichs“, kurz ARGE genannt, in der sich die Landesvereine der einzelnen Bundesländer zusammenschlossen. Der erste Präsident der ARGE war der damalige Präsident des Landesfachverbandes Steiermark, Dipl. Ing Hans Kottulinsky, der zudem von 1964 bis 1969 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Warmblutzucht in Österreich war. Dadurch war die ländliche Reiterei schon in ihren Anfängen stark mit der österreichischen Pferdezucht verbunden.
1962 wurde die „Österreichischen Campagnereiter-Gesellschaft“ - der heutige „OEPS“ gegründet, in der auch die ARGE der Ländlichen eingebunden war.

In der Ära von Karl Funder, der von 1964 bis 1971 Obmann der ARGE war, wurden in die ländliche Turnierszene, die von Haflingern und Norikern dominiert war, zusehends auch Warmblutpferde eingeführt. Walter Giselbrecht, ländlicher Reiter und Funktionär der ersten Stunde, erinnert sich: „Die Funders sind bei den ersten Bundesmeisterschaften in Gröbming 1957 schon mit Warmblütern angetreten. Die Warmblüter haben sich auf der Geländestrecke, die für Haflinger und Noriker konzipiert war, schwer getan - das waren ja Gebirgs-Geländeritte! Aber da ist vielen Reitern doch der Gusto auf ein größeres, schnelleres und rittigeres Pferd gekommen“.

Der Einsatz von Warmblütern wurde danach immer verbreiteter und schon 1963 musste man wegen der rasch wachsenden Starterfelder die Bundesmeisterschaften in drei Abteilungen - für Haflinger, Noriker und Warmblut - aufteilen. Der Einsatz von Warmblutpferden war für den österreichischen Reitsport zwar positiv, jedoch fatal für die Zucht, die damals mit österreichischen Warmblutpferden nur sehr eingeschränkt dienen und den rasant ansteigenden Bedarf an Warmblutpferden für den Reit- und Turniersport nicht annähernd abdecken konnte. Massive Importe waren die Folge und zwischen Zucht und Sport tat sich eine verhängnisvolle Schere auf, die in den 70er und 80er Jahren immer weiter auseinander klaffte. Die ländliche Reiterei verlor so die Verbindung zu den eigenen Wurzeln - der ländlich-bäuerlichen Zucht.

Diese Entwicklung konnte im größten Reitsport-Bundesland Niederösterreich - durch eine engagierte neue Führung - gestoppt werden. Niederösterreich hat das größte Wachstum an ländlichen Vereinen und Mitgliedern und mit Voraussicht setzte Elisabeth Hudec-Semeleder, die Geschäftsführerin des NÖ Landesvereins auf das Zurückführen zu den Wurzeln, der österreichischen Pferdezucht. Mit DI Dr. Leopold Erasimus, dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Warmblutzucht Österreichs (AWÖ) und Ing. Anton Ulm, dem Obmann der Pferdezüchter Niederösterreichs, hat sie zwei gewichtige Verbündete in ihrer Arbeit gefunden.
Im Jahr 2000 wurden die Satzungen des Bundesvereins der Ländlichen Reiter und Fahrer dahingehend geändert, dass bei jeder Bundesmeisterschaft zumindest zwei österreichische Warmblutpferde pro Mannschaft an den Start gehen müssen. Dies ist ein wichtiger Impuls für die heimische Zucht und ein Anreiz für viele ReiterInnen, sich verstärkt nach österreichischen Zuchtprodukten umzusehen.

Kaum oder keine Probleme gibt es auf Grund dieser Vereinbarung in Dressur und Springen (es gibt sogar Mannschaften, die aus Reitern mit nur österreichischen Warmblutpferden bestehen), in der Vielseitigkeit ist die Sache nicht so einfach. Hier braucht es noch eine Spezialisierung in der Zucht und ein Umdenken im Preisgefüge.

Auch das Ansprechen der Freizeitreiter als einen der Schwerpunkte der Philosophie verbindet den österreichischen Zuchtchef Dr. Leopold Erasimus mit den wichtigsten Funktionären der Ländlichen. So sagt etwa Herbert Gugganig, Präsident des steirischen LFV und derzeitige Präsident des Bundesvereins: „Wir verstehen uns nach wie vor als die Vertreter der Basis und wollen der immer größeren Schar von Freizeitreitern in unseren Reihen Platz bieten, da uns der Amateursport sehr am Herzen liegt. Die Anforderungen bei den Meisterschaften sind daher bewusst nicht zu hoch gesteckt und es gibt klare Regelungen über die Starterlaubnis von Profis bei den Bundesmeisterschaften.“  

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